Es ist Sonntag und heute schließt „der Bock“ seine Türen. Ein weiteres mal hat die kleinbürgerliche Ignoranz es geschafft eine Existenz und ein Stück Kultur zu vernichten.
Hier ist der Originaltext der Abschlussveranstaltung von Stock (dem Chef vom Bock)
The Last Evening – FAQ
Q: Wieso „Last Evening“?
A: Weil’s der letzte Abend ist.
Q: Wie? Der Bock schliesst?
A: Yep!Q: Aber warum das denn?
A: Einigen Nachbarn waren unsere Veranstaltungen zu laut.
Aufgrund deren Beschwerden/Anzeigen bemerkte das Ordnungsamt, das wir zu laut sind und ohnehin zuviele Konzerte geben.
Es gibt ein Gerichtsurteil, dass einer „normalen“ Gaststätte im Jahr zwölf „Tanzveranstaltungen“ erlaubt. Einmal im Monat.Und danach richtet sich das Amt. Punkt. Keine Diskussion.
Naja, und das langt halt nicht… Nur mit Bier, Theke und Hintergrundmusik lockt man heute keinen…Q: Dann lasst halt die Livekonzerte. Und holt Euch nen DJ…?
A: Wir zitieren: „Es ist egal ob ein Mann mit Gitarre, die Wiener Philharmoniker oder ein DJ… Musikalische Veranstaltung ist musikalische Veranstung.“Q: Toll… Und jetzt?
A: Erstmal dumm in die Röhre gucken… Country & Bluegrass haben in Mannheim ihren Stammplatz verloren. Etliche Bands werden wohl in Zukunft wieder einen Bogen um die „Pophauptstadt“ machen…
Und dann suchen, ob es vielleicht doch noch irgendwo Räumlichkeiten gibt, die uns die Möglichkeit geben ohne Bußgeldandrohungen, Nachbarstress und staatlicher Exekutive die Kulturszene unserer Heimatstadt zu berreichern. Es wird hart…Q: Und was geht jetzt am Sonntag? Rauschende Party, Freibier, Orgie, Rebellion?
A: Nöö! Wir wünschen uns einen angenehmen, chilligen und stressfreien(!) Abschied. Und brauchen das Geld…Update zum Feierabend
gute Q: Habt Ihr am Sonntag überhaupt noch was zu trinken da?
A: Werden wir sehen. Es ist wohl verständlich, dass am Samstag keine große Einkaufstour mehr statt findet 😉
Was weg ist, ist weg. Was da ist, ist da.
Alter Mann stirbt, junges Mädchen lebt. Fairer Deal.In diesem Sinne… Keine Tränen. Keep on Bockin‘!
Ich kann zwar verstehen, dass Nachbarn nachts schlafen wollen ich kann aber nicht verstehen, warum sie dann in der Innenstadt der „Pophauptstadt“ wohnen wenn sie das bunte Leben um sich herum nicht ertragen können.
Es sind mir als Musiker schon unzählige gute Locations verloren gegangen, nur weil EIN Nachbar sich wegen Ruhestörung beschwert hat und diese Beschwerde dann auch wegen des „öffentlichen Interesses“ verfolgt wurde.
Es ist mir von meinem Sprachverständnis nicht möglich zu ergründen warum das öffentliche Interesse bei einem einzelnen und nicht bei der Masse liegt. Analog dazu kann ich auch mal wieder die „stillen Feiertage“ als Beispiel heranziehen bei denen eine Minderheit unter den Christen das Recht auf Freudlosigkeit erhalten obwohl ein Großteil der Bevölkerung unabhängig von der (Nicht-)Religion dadurch ihrer Grundrechte beraubt werden. Außerdem sollte auch immer berücksichtigt werden wer oder was zu erst da war. Man kann auch nicht neben eine Autobahn ziehen und sich dann beschweren, dass die ländliche Ruhe von den Autos gestört wird. Man kann sich aber sehr wohl darüber aufregen, wenn durch ein ruhiges Gartengebiet plötzlich eine Hauptverkehrsader gezogen werden soll. (Alte Au Mannheim Feudenheim). Genauso wenig kann man ins unmittelbare Umfeld einer Kneipe ziehen und sich dann über normalen Kneipengeräusche (und dazu zähle ich auch Musik) beschweren.
Das derzeitige Kneipensterben ist bedenklich. Rauchverbot und Ruhestörung tragen auch ihren Teil dazu bei. Gleichzeitig beschweren sich dann die Menschen, wenn die in den Ruin getriebenen Gastronome der Allgemeinheit auf der Tasche liegen und irgendwann keine Lust und Energie mehr haben immer von vorne anfangen zu müssen.
Ein Lokal und Stammpublikum aufzubauen kann Jahre dauern und zu erst mal viel persönlichen und finanziellen Einsatz bedeuten. Es ist vollkommen inakzeptabel, dass dieser Einsatz dann mit Füßen getreten und mutwillig zerstört wird. Der Verlust von Kultur ist kein öffentliches Interesse.
Es gibt immer weniger Locations die Livemusik anbieten und wir sollten froh sein über jeden Wirt, der sich diesen Schuh noch anzieht.
In Ludwigshafen Mundenheim will die CDU jetzt laut dem Parteiorgan „der schwarze Schwan“ vielen Gastronomen unter anderem durch das Verbot von Spielautomaten und eine Wiedereinführung einer Sperrstunde auf einmal den Gar aus machen. Wenn ich dazu komme werde ich das Blättchen aber noch in einem extra Blogpost unter die Lupe nehmen.
Bis dahin wünsche ich dem Bock einen guten letzten Abend und der CDU die große Erfolglosigkeit.
Nachtrag:
Per Zufall kam bei 1 live Comedy Podcast gerade eine passende Folge von Jesus 😉