Das Hambacher fest 2.013 war das dritte, bei dem ich in der Orga aktiv dabei war. Wie in den beiden Jahren vorher auch war die Beteiligung der Arbeitswilligen sehr überschaubar. Mal, von den Orga-Mumbles (Online Konferenzen) abgesehen, würde ich den Kern der Aktiven auf ca. 5-6 Personen beschränken.
Wir haben uns alle sehr viel Mühe gegeben das Fest wachsen zu lassen und etwas gutes für die Demokratie auf die Beine zu stellen. Leider sind wir mit dieser Bemühung vollkommen gescheitert.
Das Hambacher Fest ist für mich untrennbar mit der Demokratie in Deutschland verbunden. Es steht dafür, dass sich verschiedenste Menschen und Gruppierungen zusammenraufen, um Mehrheiten für gemeinsamen Forderungen zu bekommen. Das Hambacher Fest war eine riesige Asamblea und in dieser Tradition ist das Hambacher Fest, keine Veranstaltung links- oder rechtsorientierter Gruppierungen, sondern eine Demokratiebewegung der 99%.
Eigentlich ist es monatelang so gelaufen, wie in den letzten Jahren bis ein paar Menschen, die sich leider nicht produktiv einbringen wollten aufgefallen ist, dass die PDV Mitveranstalter sind. Ich habe dies immer begrüßt auch wenn ich den Positionen nur teilweise zustimmen kann. Dies ist im übrigen bei allen Gruppierungen und Parteien so. Weil die Übereinstimmungen für mich persönlich bei den Piraten am größten sind (auch keine 100%) bin ich Pirat und weil die Übereinstimmungen mit rechtspopulistischem Meinungsdünnschiss am kleinsten ist bin ich kein Rechtspopulist. Zu einer kontroversen Meinungsbildung gehören aber eben kontroverse Meinungen. Das ursprüngliche Veranstaltungs- Nicht Meinungsbündnis bestand aus 9 Gruppierungen. Nachdem die PDV von den damals im Mumble Anwesenden als Mitveranstalter akzeptiert wurde (die Einladung ins Mumble war immer öffentlich und es war jedem freigestellt sich zu beteiligen) haben sich zu erst die Jupis (Jugendorganisation der Piraten) als Veranstalter zurück gezogen. Dies empfand ich als zutiefst undemokratisch. Der Vorstand der Piraten-RLP hat ebenfalls darüber entschieden, sich aber mehrheitlich für einen Verbleib im Bündnis ausgesprochen.
Der Verein „Mehr Demokratie e.V.“ hat im Rahmen des Hambacher Festes eine Podiumsdiskussion zum Thema „Demokratie im Spannungsfeld zwischen Rheinland-Pfalz und der EU, der Grundsatz der Subsidiarität“ geplant, vorbereitet und dazu eingeladen. Dies wurde vom Veranstaltungsbündnis sehr begrüßt. Als klar wurde, dass trotz breitgefächerter Einladungen ausschließlich die „Alternative für Deutschland“ eine parteiliche Zusage zum Podium gegeben hat, war der Aufschrei derer welche die ganze Zeit nichts beigetragen hatten groß.
Zweifels ohne sind Aussagen einzelner AfD Mitglieder ein demokratischer-, menschlicher Totalausfall und die Partei selbst ist nach meiner Meinung extrem kritisch zu betrachten aber sie sind als demokratische Partei in Deutschland zugelassen. (Ich weiß, die NPD ist das auch und ich habe ein Problem damit)
In der Folge kam noch eine Anfrage der islamfeindlichen Partei „die Freiheit“, welche als Mitveranstalter dem Bündnis beitreten wollten. Dies hat das Bündnis abgelehnt. Trotz dieser Ablehnung hat „die Freiheit“ auf Facebook ein Event zum Hambacher Fest erstellt und dies beworben. Das war auch deren gutes Recht und wir hatten dagegen keine Handhabe (Das ist auch gut so in einem demokratischen Staat, sonst könnte auch jede Gegendemo zu einem Naziaufmarsch mit den gleichen Argumenten verboten werden)
In diesem Zusammenhang stellt sich mir die Frage: „Wo sollte der „objektive“ Schnitt gemacht werden zwischen „zu rechts“ und „ist noch in Ordnung“?“ Sollte dieser Schnitt von der Gruppierung abhängen oder von einzelnen Mitgliedern? Von der öffentlichen Darstellung oder den vermuteten verborgenen Zielen? Zählen CDU, FDP und SPD wegen der Verfassungsbrüche und der Hartz IV Einführung auch schon zu den Inakzeptablen? Ist zu Rechts von meinem persönliches Standpunkt, vom Standpunkt der Linkspartei oder vom Standpunkt der NPD aus zu sehen?
Das sind Fragen, die nach meiner Auffassung nur subjektiv und im Einzelfall zu bewerten und zu beantworten sind.
Die Teilnahme der Afd am Podium, war der Anlass, dass sich zu erst Attac aus dem Veranstaltungsbündnis zurück zog, Occupy Mannheim hatte nur eine knappe Mehrheit für die weitere Teilnahme, die Piraten-RLP riefen zum Boykott der Podiumsdiskussion auf, der Podiumsteilnehmer von Occupy zog seine Zusage zurück und ein Politiker von „die Grünen“ sagte zu erst zu und dann auf Druck wieder ab. Dies ging soweit, bis die Podiumsdiskussion von „Mehr Demokratie e.V.“ offiziell abgesagt wurde.
Was mich wirklich zu tiefst erschüttert und schockiert hat ist, dass Menschen, die ganz laut „Kein Fußbreit den Faschisten!“ brüllen zum Boykott des Hambacher Festes aufgerufen und somit den Fähnchen der „Freiheit“ und den zahlreichen Nationalfahnen jeglichen Platz eingeräumt haben. Wir haben die Orga gemacht, wir haben die Presse eingeladen, wir waren auch ein paar mehr und die Ferngebliebenen haben der Freiheit eine Bühne verschafft. Das Hambacher Fest war für mich persönlich der demokratische Supergau, weil ich bemerkt habe dass Menschen, die ich an meiner Seite glaubte durch ihr bewusstes Fernbleiben eine Verzerrung der Mehrheitsverhältnisse der Meinungen gefördert und somit die Demokratie und den Einsatz gegen rechte- und menschenverachtende Ideologien ad absurdum geführt haben. An dieser Erfahrung werde ich noch eine ganze Zeit zu kauen haben.
Aus diesem Grund bedanke ich mich ganz besonders bei denen, die dem Fest kritisch gegenüber gestanden haben aber durch Ihre Anwesenheit und Ihr Engagement gezeigt haben, dass sie die Demokratie nicht nur predigen sondern auch leben.
Hier ist noch ein Artikel aus der Rheinpfalz
Wenn Ihr noch mehr Presseberichte findet wäre es klasse, wenn Ihr sie bei den Kommentaren posten würdet. Danke!
Die Teilnehmer dieses „ Ersten Schülerfestes “ sahen sich selbst als Patrioten . Ihre Forderung war, dass sich jegliche Gesetzmäßigkeit aus Volkssouveränität erschließen müsse und nicht mehr durch göttliche Legitimation des Königtums begründbar sei. Würde dieser Wechsel vollzogen, so wäre es der Grundstein für „Deutschlands Wiedergeburt“.
http://www.piraten-zur-wahl.de/index.php/mehr-demokratie-klar-aber-nicht-so-update/
„gegen rechte- und menschenverachtende Ideologien“
Jawoll! Höchste Zeit.
Stellungnahme der Piraten-RLP vom 13.06.2013
http://www.piraten-rlp.de/newsreader/items/749.html
Fotoserie von Uwe Kulick: http://www.flickr.com/photos/uwe_kulick/sets/72157634093610144/
http://www.pfalz-express.de/hambacher-fest-kontroverse-meinungen-wegen-abgesagter-podiumsdiskussion/
http://www.pelz-war-leben.info/unsere-arbeit/infostaende/hambacher-fest-2013/
Vielen Dank für diese wunderbare ausgeglichene Zusammenfassung.
Wo zwei (oder drei, oder fünf…) sich streiten, freut sich die etablierte Politik und es bleibt zu befürchten, dass „Freiheit“ und „Demokratie“ alsbald mit multiper Unversöhnlichkeitsstörung in die Meinungsdiktatur eingewiesen werden.
Zur Ergänzung:
http://wiki.piratenpartei.de/Benutzer:Michael_Ebner/Demokratie_Trotzdem
Danke